Fütterstörungen bei Säuglingen und Kleinkindern

Irene Chatoor
Klett-Cotta 2012
ISBN 978-3-608-94718-2

29,95€, 202 Seiten

Im Vorwort schreibt Nikolaus von Hofacker, dass die Autorin in dem Buch die Ergebnisse ihrer jahrzehntelangen klinischen Erfahrungen auf dem Gebiet der Fütterungsstörungen in höchst praxis- und anwendungsorientiertierter Weise darstellt.

Damit bietet das Buch für Eltern und andere Bezugspersonen wie Erzieherinnen, die oft in großer Not sind und verzweifelt nach Hilfsangebote suchen, eine sehr wertvolle und fundierte Anregung.

Die hohe Bedeutung von Fütterstörungen im Säuglings- und Kleinkindesalter resultiert aus der nicht geringen Anzahl – bis zu 25% sind in unterschiedlicher Ausprägung betroffen – und den verschiedenen Ursachen sowie der Gefahr einer negativen Auswirkung auf die frühe Säuglingsentwicklung.

Um die unterschiedlichen Formen von Fütterstörungen besser nachvollziehen zu können ist die beschriebene Entwicklung des Fütterns und die Regulation von Emotionen sehr hilfreich.

Bereits nach der Geburt muss der Säugling seiner Bezugsperson Hunger und Durst signalisieren. In den ersten Monaten müssen beide miteinander einen Rhythmus von Schlaf und Wachphasen und Füttern und Fütter-Pausen etablieren. Die Bezugspersonen müssen lernen, zwischen den unterschiedlichen Arten des Weinens und zwischen Hunger- und Sättigungssignalen zu unterscheiden.

Ab ca. zweiten Lebensmonat werden diese reflexartigen Hungersignale seltener, während zielgerichtete Signale wie ein gehaltener Blickkontakt oder wechselseitiges Lautieren entstehen. Aus der beginnenden Fähigkeit des Säuglings, seine Bezugsperson aktiv und gezielt durch Körpersprache und Vokalisation zu „regulieren“, entwickeln sich zunehmend reifere Kommunikationsmuster.

Zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 3. Lebensjahr werden die Kinder zunehmend körperlich und emotional unabhängiger. Es beginnt die Phase „sich selbst zu fütter“ bzw. selbstständig zu essen. Während dieses Übergangs zum selbstständigen Essen müssen die Kinder und die Bezugsperson nicht nur die Unterscheidung von Hunger und Sättigung lernen, sondern auch, die Erfahrung von Hunger und Sättigung von emotionalen Zuständen zu trennen(Wohlbefinden, Zuneigung, Gefühle von Ärger und Frustration).

In jeder der drei geschilderten Entwicklungsphasen können unterschiedliche Fütterungsstörungen auftreten.

So z. B. beim jungen Säugling ein Mangel an entwicklungsangemessenen Signalen (Blickkontakt, Lächeln oder Plappern) oder die primäre Bezugsperson ist sich der Fütter- und Wachstumsprobleme des Säuglings häufig nicht bewusst bzw. verleugnet sie.

Die andere Störung setzt häufig während der Übergangsphase zum selbständigen Essen ein. Das Kind signalisiert selten Hunger und will lieber spielen, herumlaufen oder reden als essen.

Als nicht entwicklungsbezogene Fütterstörungen werden genannt:

Eine Erscheinungsform mit anhaltender Weigerung des Säuglings oder Kindes, Nahrungsmittel mit bestimmten Geschmacksrichtungen, Konsistenzen, Temperaturen oder Gerüchen zu essen.

Weiterhin gibt es Nahrungsverweigerung, welche nach einem traumatischen Erlebnis im Mundrachenraum (heiße Speisen, Verschlucken, Würgen, Erbrechen), die beim Kind starken Stress ausgelöst haben, auftreten.

Eine Sonderform sind Fütterstörungen im Zusammenhang mit einer bestehenden medizinischen Erkrankung.

Neben diesen gut allgemeinverständlich beschrieben Darstellungen sind die gegebenen praxisbezogenen Fütterungsrichtlinien, Elterninformationen und an Beispielen berichteten Behandlungen besonders wertvoll.

Damit kann das Buch für Eltern und weiteren Bezugspersonen, wie Erzieherinnen sehr empfohlen werden.

Prof. Dr. med. H.-J. Nentwich