Klage Deutschlands bzgl. der EU-Spielzeugrichtlinie nur teilweise erfolgreich
Im Jahr 2009 wurde seitens der Europäischen Union eine neue Spielzeugrichtlinie erlassen, die für bestimmte Stoffe im Spielzeug – wie zum Beispiel Schwermetalle – neue Grenzwerte festlegt.
Die deutsche Bundesregierung beantragte ihre Grenzwerte beibehalten zu dürfen, war dabei jedoch nur teilweise erfolgreich.
„Bereits bei den Beratungen zu der neuen Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) darauf hingewiesen, dass die neuen Regelungen teilweise das Schutzniveau für Kinder verschlechtern. So sind für die Elemente Antimon, Arsen, Barium, Blei und Quecksilber Grenzwerte vorgesehen, die eine höhere Aufnahme aus Spielzeug erlauben als die alten Regelungen (…). Nach Auffassung des BfR sind diese zulässigen höheren Aufnahmemengen für einige dieser Schwermetalle aus gesundheitlicher Sicht und aus Gründen der Vorsorge nicht zu akzeptieren“ (BfR 2012).
Am 1. März 2012 lehnte die Europäische Kommission den Antrag auf Beibehaltung der deutschen Grenzwerte bzgl. Antimon, Arsen und Quecksilber ab und billigte die Beibehaltung der Grenzwerte für Blei und Barium bis längstens 21. Juli 2013.
Die Bundesregierung zog im Anschluss vor das Europäische Gericht (EuG), welches entschied, dass
- bezüglich Arsen, Antimon und Quecksilber Deutschland „nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht hat, dass die deutschen Grenzwerte einen höheren Schutz gewährleisten als die neue Richtlinie“ (Gericht der Europäischen Union 2014).
- bezüglich Blei der Kommissionsbeschluss aufgrund Begründungsfehlern nichtig sei. Deutschland könne seinen Grenzwert für Blei damit zunächst behalten.
- bezüglich Barium sich der Rechtsstreit bereits erledigt habe, da sich der Grenzwert seitens der Kommission für dieses Schwermetall bereits geändert habe.
Nach Ansicht des Gerichts seien die EU-Grenzwerte überwiegend sogar strenger als die deutschen. Hintergrund ist eine unterschiedliche Herangehensweise bei der Festsetzung von Grenzwerten.
Die EU bestimmt sogenannte Migrationsgrenzwerte (die Menge einer unerwünschten Substanz die freigesetzt wird, bevor sie aufgenommen wird) für die Schadstoffe. Zudem liegen je nach Konsistenz des Spielzeuges (z.B. trocken oder flüssig) verschiedene Migrationsgrenzwerte vor.
Die deutschen Werte basieren hingegen auf der sogenannten Bioverfügbarkeit (die maximale Aufnahmemenge eines Stoffes in den Körper). Hinsichtlich der Konsistenz werden keine Unterschiede getroffen.
Aus einem Vergleich gehe hervor, dass die umgerechneten deutschen Grenzwerte zum Beispiel für flüssige Materialien deutlich schlechter seien als die EU-Werte, also geringeren Schutz gewährten.
Die Bundesregierung hat Rechtsmittel gegen das Urteil zur Umsetzung der europäischen Spielzeugrichtlinie eingelegt. Wann sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit diesem Streit befassen wird, ist noch nicht bekannt.
Literatur:
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2012): Gesundheitliche Risiken durch Schwermetalle aus Spielzeug. Aktualisierte Stellungnahme Nr. 034/2012.
- Gericht der Europäischen Union (2014): Urteil in der Rechtssache T-198/12. Pressemitteilung Nr. 72/14.
- Marseille, C., Franz, R.-W., Ritter, M. M. & Samitz, G. (2014): EU-Spielzeug-Richtlinie: Deutschland zieht vor den Europäischen Gerichtshof. Arzneimittel, Therapie-Kritik & Medizin und Umwelt 46 (4), S. 375-376.
- Richtlinie 2009/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Sicherheit von Spielzeug.
Autor/en: S. Höppner, M. A., Prof. K. E. von Mühlendahl.
Bildquelle: Grafik oben rechts (Spielzeug): Helene Souza / pixelio.de.