Ratgeber Einnässen

Alexander von Gontard – Gerd Lehmkuhl
Hogrefe Verlag Göttingen 2012 ISBN 978-3-8017-2451-1
8,95 €, 67 Seiten

Ein einnässendes Kind verursacht in der Familie sehr häufig meist unberechtigte und nicht selten sich negativ auswirkende „Aufgeregtheiten“. Der „Ratgeber Einnässen“ trägt sehr differenziert zu größerer „Gelassenheit“ gegenüber diesem Symptom bei.

Benennung von Häufigkeit (25% der vierjährigen Kinder nässen nachts noch ein) und Altersbezogenheit (erst ab einem Alter von 5 Jahren müssen Kinder trocken sein) geben erste Hinweise zur Bedeutung eines Harnabganges zur falschen Zeit am falschen Ort. Weiterhin haben mehrere Untersuchungen zeigen können, dass die Sauberkeitserziehung keinerlei Einfluss auf das Trockenwerden nachts hat.

Eine sehr verständliche Beschreibung der unterschiedlichen Formen gestattet die Einordnung der Dringlichkeit von eventuell notwendigen Maßnahmen.

Als wichtigstes Kriterium gilt dabei eine Abgrenzung des „Einfachen nächtlichen Einnässens“ von anderen Formen.

Beim einfachen nächtlichen Einnässen waren die Kinder noch nie trocken, es kommt zu großen Mengen nächtlichen Harnabgang und es besteht eine schwere nächtliche Erweckbarkeit. Am Tag bestehen keine Probleme und in der Schule werden gute Leistungen erreicht. Die Kinder zeigen kaum mehr Verhaltensauffälligkeiten als nicht einnässende Kinder.

Die Ursache dieser Form besteht in einer genetischen (erbbedingten) Reifungsverzögerung der Entwicklung der Blasenfunktion.

Diese Form des Einnässens hat eine gute Prognose mit hoher Spontanheilung und Bedarf in der Regel keiner intensiven Maßnahmen. Alle nicht wirksamen Maßnahmen sollten unterlassen werden.

Abzugrenzen sind davon andere Formen des Einnässens.

Kommt es nach einer Trockenphase von mehr als sechs Monaten zu erneuten nächtlichen Harnabgang, spricht man von sogenanntem sekundärem Einnässen. Es ist bekannt, dass verschiedene Lebensereignisse wie Trennung der Eltern, Umzug, Verlust eines geleibten Menschen, aber auch Schuleintritt einen solchen Rückfall auslösen können. Auch ist die Rate von psychischen Auffälligkeiten bei dieser Gruppe von Kindern erhöht.

Sehr viel kritischer und behandlungsbedürftig sind Einnässformen mit Blasenfunktionsstörungen.

Man unterscheidet dabei die Dranginkontinenz (Häufiger Toilettengang – 10 bis 20mal am Tag – , nur kleine Mengen die Kinder klagen über plötzlichen Harndrang); die Harninkontinenz mit Miktionsaufschub ( Kind geht nur selten zur Toilette – 2 bis 4 mal pro Tag – und setzt große Harnmengen ab) und die Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination (Kind kann nicht spontan Wasser lassen, muss pressen und entleert in unterbrochenen Portionen).

Der Ratgeber zeigt, durch eine gut allgemeinverständliche Darstellung, den Bezugspersonen von betroffenen Kindern Möglichkeiten auf, durch Beobachtung die Enuresisform zu erkennen und die notwendigen Maßnahmen zeitgerecht einzuleiten. Die Beobachtungsergebnisse sind ebenfalls wichtig für die Entscheidung zu ärztlichen Maßnahmen.

Die im Anhang des Ratgebers vorhandenen Fragebögen und Protokollformulare erleichtern das Vorgehen.

Die informatorisch dargestellten Untersuchungsmethoden und Behandlungsverfahren ergänzen das Gesamtbild zum Thema Einnässen.

Der Ratgeber gib sinnvolle Hinweise zu Einschätzung und Handlungsbedarf für alle mit dem Symptom der Enuresis Konfrontierten und kann sehr empfohlen werden.

Prof. Dr. med. H.-J. Nentwich