So gehen Sie richtig mit Eltern um
Auch Eltern brauchen Grenzen
„Das ist mein Tanzbereich, das ist deiner…“
Wer kennt ihn nicht, den berühmten Satz aus dem Film „Dirty Dancing“?
Die Beziehung zwischen Erzieherinnen und Eltern ist etwas Besonderes. Indem Eltern Ihnen Ihr Kind übergeben, erhalten Sie einen großen Vertrauensbeweis. Ist gegenseitige Sympathie vorhanden, unterstützt dies das gemeinsame Ansinnen noch, die bestmöglichen Entwicklungsbedingungen für das Kind zu schaffen. Viele Eltern begleiten Sie oft jahrelang, wenn zwei oder sogar drei Kinder Ihre Einrichtung besuchen. Hatten Sie auch schon mal das Gefühl, dass sich zu einigen Eltern nach einer gewissen Zeit die Beziehung intensiviert, ja sogar eine Art Freundschaft entsteht. Doch wie weit sollen und dürfen Sie sich auf die Eltern einlassen? Ist es nicht besser, eine gesunde professionelle Distanz zu wahren?
In einer gesunden Erziehungspartnerschaft spielen zwei Dinge eine entscheidende Rolle:
- Die Erziehung des Kindes und
- die Partnerschaft zu den Eltern
Dazu gehören neben Vertrauen auch Toleranz, Respekt und Ehrlichkeit auch Konflikte und unterschiedliche Meinungen. Daher ist eines von Anfang an wichtig:
Schaffen Sie eine Grundlage für konstruktive Auseinandersetzungen!
Dies machen Sie am besten in einem offenen Gespräch mit den Eltern:
- Sprechen Sie über gegenseitige Erwartungen,
- Informieren Sie die Eltern beim Erstgespräch über Ihr pädagogisches Konzept und Ihre Ziele.
Teilen Sie den Eltern mit, wie Sie die Zusammenarbeit und Partnerschaft mit den Eltern in Ihrer Einrichtung gestalten und wo mögliche Spielräume bestehen.
Freundschaft mit Eltern kann hinderlich sein
Aus der Praxis:
Als Leitung arbeitete ich lange Zeit in meinem Wohnort. Da blieb es natürlich nicht aus, dass auch befreundete Paare ihre Kinder in meine Einrichtung brachten. Besonders bei einem Paar gestaltete sich dies jedoch sehr schwierig. Die Eltern konnten nicht akzeptieren, dass ich bei ihrem Kind keine Sonderregelungen gelten ließ. Die Situation wurde so konfliktbeladen, dass ich ihnen schließlich die Empfehlung gab, das Kind in eine andere Einrichtung zu geben. Letztendlich blieb das Kind und die Eltern und – privaten – Freunde konnten in einem langen Gespräch davon überzeugt werden, dass die beiden Bereiche strikt getrennt werden müssen.
Ihr gemeinsames Ziel ist das Wohl des Kindes. Dies setzt keine Freundschaft voraus. Häufig ist sie sogar bei der gemeinsamen Erziehung des Kindes hinderlich, da die Abgrenzung von befreundeten Eltern wesentlich schwerer fällt.
Professionalität ist dann gegeben, wenn Sie trotz einer engeren Bindung zu einem Elternteil allen Kindern gleichermaßen gerecht werden.
Professionalität ist dann gegeben, wenn Sie trotz einer engeren Bindung zu einem Elternteil allen Kindern gleichermaßen gerecht werden.
„Nein“ sagen will gelernt sein
Eine Mutter bittet Sie, die zuständige Gruppenerzieherin möge sie doch stündlich anrufen um zu berichten, wie es ihrem etwas erkälteten Kind gehe. Eine andere wünscht sich, dass ihr Kind nur bei einer Erzieherin auf dem Arm einschlafen soll, da es das Kleinkind so gewöhnt sei und ein Vater findet es unmöglich, dass sein dreijähriges Töchterchen auch mal ein paar Schritte zu Fuß zum Spielplatz gehen soll. Situationen wie diese werden Ihnen im Alltag immer wieder begegnen.
Haben Sie sich in solchen Momenten nicht auch gewünscht, Ihnen würde „Nein“ sagen leichter fallen? Sie könnten Anliegen, Forderungen und Bitten souverän und ohne zu verletzten ablehnen? Doch diese Kunst können Sie lernen!
Vier Tipps, wie Sie ablehnen ohne zu verletzen!
Tipp 1: In welchen Situationen werden Sie schwach?
Überlegen Sie sich doch einmal genau, bei welchen Situationen, welchen Bitten Sie „Ja“ sagen, obwohl Sie eigentlich „Nein“ meinen.
- Fühlen Sie sich unter Druck gesetzt, wenn an Sie als professionelle Fachkraft ein Wunsch herangetragen wird?
- Bereitet es Ihnen Schwierigkeiten, wenn scheinbar höher gebildete Elternteile Forderungen stellen?
- Lassen Sie sich überrumpeln, wenn eine Bitte unter Zeitdruck oder kurz beim Abholen zwischen Tür und Angel an Sie geht?
- Wird es für Sie schwierig, wenn ein Elternteil an Ihre langjährige Zusammenarbeit und „Freundschaft“ appelliert?
Haben Sie solche Situationen für sich entlarvt, setzen Sie sich für die jeweilige ein Ziel, z. B.:
„Ich lasse mich nicht einschüchtern, nur weil die Eltern von Patrick Ärzte sind.“
„Bei Forderungen der Eltern zwischen „Tür und Angel“ lasse ich mich auf keine Entscheidungen mehr ein, und bitte mir Bedenkzeit aus.“
Tipp 2: Erst denken, dann aussprechen
Gehören Sie zu den Menschen, die oft vorschnell „Ja“ sagen, ohne genau über die Konsequenzen nachgedacht zu haben? In diesem Fall sollten Sie es sich zur Gewohnheit machen, grundsätzlich erst kurz über eine Entscheidung nachzudenken. Auch wenn Ihr Gegenüber Ungeduld zeigt und Druck aufbaut: Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen und stehen Sie zu Ihrer besonnenen und reflektiven Reaktion.
Tipp 3: Keine Angst vor einem Nein
Ein bestimmtes, freundliches und begründetes Nein wird Ihnen niemand übelnehmen. Achten Sie jedoch bei Ihrer Antwort auf Ihre Körperhaltung:
- Lächeln Sie bei Ihrer Antwort,
- Sprechen Sie mit fester Stimme,
- Stellen Sie sich gerade und aufrecht hin und richten Sie den Blick auf Ihre Gegenüber
Selbstcheck:
Wird eine Bitte oder Forderung an Sie herangetragen, nehmen Sie sich stets die Zeit für folgende Fragen:
- Muss ich diesem Wunsch oder dieser Forderung nachkommen?
- Warum sollte ich das tun?
- Was passiert, wenn ich hierzu Nein sage?
Wenn Ihnen kein Argument einfällt, warum Sie Ja sagen sollten, sagen Sie Nein!
Tipp 4: So gewinnen Sie Zeit, um sich eine Antwort zu überlegen
Legen Sie sich schon im Vorfeld einige Antworten zurecht, die Ihnen Zeit verschaffen, z. B:
- „Hierfür kann ich Ihnen so kurzfristig keine Zusage geben. Ich muss erst prüfen, ob die Zeit im Alltag dafür ausreicht.“
- „Darüber möchte ich erst in Ruhe nachdenken. Ich sage Ihnen morgen Bescheid.“
- „Das möchte ich erst mit meinem Team besprechen.“
Setzen Sie Ihre Körpersprache wirksam ein!
Allen guten Tipps zum Trotz lässt man sich in der Hektik des Alltags doch auch immer wieder mal von Eltern „überrumpeln“. Gerade in stressigen Situationen oder bei sehr forschen Auftritten von Eltern ist es wichtig, nicht nur mit Worten zu reden.
Wirken Sie überzeugend und aufrichtig mit der richtigen Körpersprache!
Das sollten Sie auch bei Gesprächen mit Eltern nicht tun:
- den Blick auf den Boden richten,
- die Hände in die Hosentaschen stecken,
- sich ständig durchs Haar streichen oder ähnliche nervöse Gesten.
Rhetorische Wirkungsmittel dagegen sind:
- eine gerade Haltung,
- Bewegungen der Arme und Hände,
- der Gesichtsausdruck und das Mienenspiel,
- der Blickkontakt
- und die äußere Erscheinung.
Für eine souveräne Haltung, wie sie gerade bei plötzlichen „Attacken“ von Eltern gefordert ist, sollten Sie folgendes beachten:
- stehen Sie fest auf beiden Beinen,
- halten Sie Ihre Arme offen, am besten angewinkelt vor dem Bauch,
- halten Sie Ihren Kopf gerade,
- stehen sie aufrecht, mit einer geraden Rückenhaltung.
Praxistipp:
Ihnen kommen manche rhetorischen Mittel gestellt und unnatürlich vor? Dann üben Sie doch einfach mal zu Hause vor dem Spiegel. Stellen Sie sich gerade hin, versuchen Sie verschiedene Haltungen Ihrer Arme, entdecken Sie den Unterschied zwischen einer geraden und einer gebückten Haltung, sprechen Sie mit dem Spiegel und achten Sie auf Ihre Mimik. Je sicherer Sie in einer souveränen Körperhaltung sind, desto leichter wird es Ihnen fallen, so auch Eltern gegenüber zu treten.
Quelle: Newsletter Kita aktuell vom 24.11.13